Lernzentrum, Pattaya

Insbesondere aus dem verarmten Nordosten Thailands ziehen viele Wanderarbeiter mit ihren Familien auf der Suche nach Arbeit in die großen Metropolen. Ebenso zieht das zu einer aufstrebenden Industrienation angewachsenen Thailand auch viele Familien aus den umliegenden Ländern wie Myanmar, Kambodscha oder Laos auf der Suche nach Arbeit an. Diese Gastarbeiter sprechen häufig kaum oder gar nicht die thailändische Sprache und gehören einer ethnischen Minderheit an. Viele von ihnen besitzen keine Papiere. Sie leben meist in sogenannten Construction Worker Camps unter katastrophalen Verhältnissen. Während die Eltern den ganzen Tag auf Baustellen schuften, bleiben die Kinder allein zurück und verbringen ihren Tag auf der Straße. Schätzungen zufolge gibt es in Thailand rund 30.000 Straßenkinder, die meisten in der Hauptstadt Bangkok sowie in Chiang Mai, Pattaya und Phuket. In ihrer Armut und Not geraten vor allem Kinder in ihrer schutzlosen Situation häufig in die Gewalt von Kinderhändlern. Fast 80 Prozent des Menschenhandels in Thailand haben sexuelle Ausbeutung zum Ziel, bei fast drei Vierteln aller Opfer handelt es sich um minderjährige Mädchen. Thailand bleibt ein Reiseziel für Sextouristen und die Strandmetropole Pattaya wird nicht selten als globale Hauptstadt der Prostitution bezeichnet.

In der Stadt Pattaya und ihrer Umgebung leben etwa 3.950 obdachlose Kinder und bedürftige Jugendliche – Tendenz steigend. Sie werden von der Gesellschaft ausgegrenzt und stigmatisiert und sind einem großen Risiko von Gewalt, Missbrauch, Ausbeutung, Drogen und Krankheiten wie HIV ausgesetzt. Um ihr Überleben zu sichern, betteln sie, versuchen kleine Dinge wie Blumen an die Touristen zu verkaufen oder enden in der Prostitution. Viele diese Kinder sind Kinder von Gastarbeitern, die in Camps leben. Den ganzen Tag auf sich alleine gestellt, sind sie leichte Beute für Menschenhändler. Schon lange hat sich vor Ort ein Netzwerk aus Kinderhändlern und Prostitutionsringen aufgebaut, die die Kinder ausnutzen und für ihre Zwecke missbrauchen. Die Kinder und Jugendliche geraten in ein Abhängigkeitsverhältnis. Hinzu kommt, dass sie kaum einen Zugang zu Bildungs- oder Gesundheitseinrichtungen haben und daher nur selten eine Chance haben, der Armut und dem Leben auf der Straße langfristig entfliehen zu können und schauen in eine perspektivlose Zukunft.

Die Bekämpfung von Kinderhandel, Ausbeutung, Missbrauch und Armut sind erklärte Ziele des Projektes. Schlüsselelement ist es dabei, Kindern, die auf der Straße leben oder als Kinder von Gastarbeitern nach Thailand kommen den Zugang zu Bildung zu ermöglichen und ihnen so eine Zukunft mit Perspektiven zu bieten. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde ein umfassendes Kinderschutzprogramm entwickelt.

Durch Straßensozialarbeit wird ein erster Kontakt zu den Kindern aufgenommen und Aufklärungsarbeit über die Gefahren von Drogen, Menschenhandel und Kriminalität geleistet. Um die betroffenen Kinder vor den existierenden Gefahren zu beschützen, arbeiten die meisten der Streetworker verdeckt. Einerseits können sie so die Kinder besser dazu ermutigen, die vorhandenen Hilfen anzunehmen und gleichzeitig dem Kinderhandel entgegenarbeiten. Weiterhin bietet das rund um die Uhr geöffnete Drop-in Center mitten im Zentrum Pattayas den Kindern eine sichere Anlaufstelle, Beratung durch Sozialarbeiter, Verpflegung, Kleidung, Medizin sowie eine vorübergehende Unterkunft. Teil des Jugendhauses ist seit 2016 das ASEAN Education Center, eine Ganztagsbildungseinrichtung für Migrantenkinder aus dem südostasiatischen Raum. Hier lernen etwa 80 bis 100 Kinder Rechnen, Lesen und Schreiben sowohl in Thai als auch in ihrer Muttersprache. Im Child Protection Development Center (CPDC) außerhalb der Stadt finden 70 ehemalige Straßenkinder langfristig ein neues Zuhause und werden psychologisch von ausgebildeten Sozialarbeiter:innen betreut. Ergänzt wird das Projekt seit 2014 durch tägliche Präventionsarbeit in den Brennpunkten Pattayas, vor allem den Construction Worker Camps.

Im Dezember 2021 konnte ein neues Learning Center eingeweiht werden. Bis zu 180 Kinder dort betreut. Sie werden morgens von den Mitarbeiter:innen in den Siedlungen abgeholt. Im Learning Center erwartet sie ein vielfältiges Angebot an Unterrichtsfächern und Aktivitäten. In kleinen Gruppen, betreut von qualifizierten Sozialarbeiter:innen, findet Unterricht statt. Je nach Alter wird zusammen gekocht, gebastelt, gespielt, meditiert oder Sport gemacht. Es gibt für alle ein Mittagessen, nachmittags einen Snack und die Kinder, die bei ihren Eltern kein Abendessen bekommen, erhalten ein Care Packet mit auf den Weg nach Hause.
Das Betreuungsprogramm stellt für Kinder in den Slums und Migranten-Camps eine herausragende Verbesserung der Lebensumstände und, vor Allem, der Zukunftsperspektiven dar.

Um auch Kinder zu erreichen, die nicht ins Learning Center kommen können, ist eine Mobile Training Unit (MTU) auf den Straßen und in den Communities von Pattaya unterwegs. Sie besteht aus einem Team von Sozialarbeiter:innen und einem für diesen Zweck ausgerüsteten Minivan, der mit Material für verschiedenste Aktivitäten mit Kindern ausgestattet ist. Auf einem großen Fernseher können Filme gezeigt werden, um über Missbrauch und Kinderhandel aufzuklären. Es gibt Bücher und Spiele, Lehrmaterial für kleine Unterrichtseinheiten vor Ort und eine Erste Hilfe-Ausrüstung. Diese MTU hat sich besonders im Lockdown als herausragendes Mittel bewiesen, um Familien in den Slums zu versorgen und den Kontakt zu gefährdeten Kindern zu aufrechtzuerhalten.

Bereits seit vielen Jahren unterstützen wir das Kinderschutzprojekt in Pattaya. Das Projekt konnte mit den Jahren zahlreiche Erfolge verzeichnen: So konnten seit 2008 Beweislagen aktenkundig machen, die zur Verhaftung von über 100 Kinderschändern geführt haben. Im Jahr 2013 wurde das Kinderschutzprogramm mit dem erstmals verliehenen Thailändischen NGO Award ausgezeichnet. Mit Ihrer Spende helfen Sie uns dabei die Aktivitäten des Learning Center und die Mobile Training Unit zu finanzieren.