Rückkehr ins Leben für (Un-)Glückskinder

Pondicherry - Indien

Das bis 2023 unterstützte Prana Projekt bietet gesellschaftlich benachteiligten Menschen aus den ärmsten Schichten der indischen Bevölkerung durch Schaffung von Bildungs- und Gesundheitsangeboten neue Perspektiven für ein freies, selbstbestimmtes Leben.

Projektinfos
Projektort
Pondicherry, Indien
Weltkarte Punkt Asien
Schwerpunkt
Hochwertige Bildung für alle
Projektlaufzeit
2005 - 2023
Zielgruppe
Kinder, Jugendliche und Frauen
Sustainable Development Goals

Hauptziele: SDG 4 und SDG 8

Nebenziele: SDG 2, SDG 3 und SDG 10

Projekthintergrund

Indien gilt als eine der kommenden globalen Wirtschaftsmächte. Jedoch bestehen neben schnell wachsenden Industrien und extremen Reichtum auf der einen Seite, flächendeckende Armut, Kinderarbeit und soziale Diskriminierung auf der anderen Seite weiter fort. Obwohl das Kastensystem offiziell bereits 1949 abgeschafft wurde, richtet sich in weiten Teilen die Gesellschaftsordnung weiterhin danach. Unterhalb der vier Hauptkasten stehen die Kastenlosen, die sich selbst als Dalits bezeichnen und als unrein gelten. Gesetzlich darf zwar niemand aufgrund seiner Kastenzugehörigkeit diskriminiert werden, die Realität zeichnet jedoch ein anderes Bild. Die etwa 200 Millionen Dalits leiden an extremer Diskriminierung, Ausgrenzung und Ausbeutung. Zudem unterliegen Frauen in Indien einer starken Diskriminierung. Die extrem patriarchalische Gesellschaft misst ihnen einen geringeren Stellenwert als Männern bei, weibliche Föten werden trotz Verbots oft abgetrieben und Mädchen systematisch vernachlässigt und misshandelt. Sie haben weniger Chancen auf den Zugang zur Bildung, werden oftmals früh verheiratet und erfahren in der Ehe häufig häusliche Gewalt. Zudem stürzt die traditionelle Zahlung eines Brautgeldes oft die ganze Familie in hoffnungslose Verschuldung.

Unser Impact vor Ort

In dem südindischen Dorf Periyamudaliyarchavadi bei Pondicherry wurden viele als Fischer arbeitende Dorfbewohner bei dem Tsunami im Jahr 2004 ihrer Lebensgrundlage beraubt. Hinzu kam, dass insbesondere im Süden Indiens die Vorstellung dominiert, dass es Menschen – vor allem Frauen, Kinder und Menschen mit Behinderung – gibt, die anderen allein durch ihre Existenz Unglück bringen. Das bedeutet konkret Meidung, Ausgrenzung und Stigmatisierung der Betroffenen, sie werden häufig aus der Familie verstoßen. Weiterhin werden die kastenlosen Dalits gesellschaftlich geächtet oder sogar bedroht und haben nur selten Zugang zu Bildung oder Gesundheitsversorgung.

Das Projekt wurde 2004 unmittelbar nach dem Tsunami gegründet. Neben der konkreten Soforthilfe nach der Naturkatastrophe wurden über die Jahre mehrere Langzeitprojekte in dem armen Fischerdorf initiiert und ist über die Jahre mit unserer Unterstützung zu einem umfangreichen Projekt heran gewachsen. Kernanliegen des Projektes ist es, Kindern aus sehr armen Familien zu vermitteln, dass die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Schichten und Religionen kein Grund für Feindschaften darstellen muss und das ein friedvolles Miteinander erstrebenswert ist. Ein erster Schritt war hierbei unabhängiger Unterricht im Rahmen einer Förderschule. Kinder aus drei Religionen (Hinduismus, Christentum, Islam) und zwei Kasten (Feldbauern und Fischer) sowie die kastenlosen Dalit des Dorfes besuchten diese gemeinsam nach der regulären Dorfschule. Die Kinder erhielten zudem tägliche Mahlzeiten im Projekt.

Eine große Herausforderung war für das Projekt die Corona Pandemie und die damit einhergehenden jahrelangen Schulschließungen und im Anschluss daran des verpflichtenden Besuches staatlicher Nachhilfezentren. Parallel dazu hat Jagga, eine junge Frau, die schon seit vielen Jahren im Rahmen des Projekts betreut und ausgebildet wurde, eine kleine Satellitenschule in ihrem Heimatdorf gegründet, wo sie ganz im Sinne des Konzeptes ihre Schüler unterstützt und fördert.

Die Prana-Förderschule war so erfolgreich, dass überdurchschnittlich viele Schüler mit Bestnote ihren Abschluss machen konnten. Der Staat vergibt in diesen Fällen Stipendien, die jedoch nur einen Teil der anfallenden Studienkosten abdecken. help alliance hat daher die Gründung eines Studienfonds ermöglicht, aus dem die fehlenden Gelder in Form eines Darlehens zur Verfügung gestellt werden. So erhalten die jungen, begabten Menschen aus ärmsten Verhältnissen eine Chance auf eine berufliche Aus- und Weiterbildung, die ihnen sonst verwehrt bleiben würde.

Einige von der Gesellschaft geächtete und verstoßene Frauen und Kinder fanden außerdem in dem Wohnprojekt „Glückskinder“ einen Ort zum Leben finden, wurden dort betreut und in ihrer Ausbildung gefördert. Die Glückskinder sind inzwischen zu erfolgreichen jungen Erwachsenen herangewachsen.

Im Bereich „Woman Empowerment“ bietet das Projekt Alphabetisierungskurse für Frauen an. In der projekteigenen Schneiderwerkstatt können sie außerdem lernen, Kleidungsstücke zu fertigen und mit dem Verkauf eigene Einkommen zu generieren. Ein weiterer Bestandteil des Projektes ist ein Therapiezentrum für behinderte Kinder, in dem diese von einem Physiotherapeuten, einer Masseurin und einer Betreuerin behandelt werden. Zudem lernen die Eltern, wie sie zu Hause mit ihren Kindern weiterarbeiten können. Diese Therapien genießen eine hohe Akzeptanz, da traditionelle Heilmethoden mit gezielter Physiotherapie kombiniert werden. Das Therapieprogramm sorgt dafür, dass Kinder mit Behinderung nicht nur Linderung ihrer Beschwerden erfahren, sondern auch in ihrer Würde bewahrt und in ihrer Hilflosigkeit nicht ausgenutzt werden.

Bei allen Aktivitäten verfolgt das Projekt eine klare Strategie: Menschen in Not sollen nicht zu Bettlern und Bittstellern gemacht werden, die von Hilfe abhängig sind. Die „Unglückskinder“ und ihre Mütter werden über Ausbildungs- und/oder Therapieprogramme in die Lage versetzt, sich selbst aus ihrem Elend und ihrer Notlage zu befreien. So werden „Unglückskinder“ zu Glückskindern. Durch die Förderung des Selbstvertrauens insbesondere von Frauen und Mädchen werden diese zu selbstständigem Handeln und selbstständigem Weiterführen der eigenen Entwicklung befähigt. So wird allen Begünstigten im Projekt eine Basis geboten, von der aus sie sich selbst neue Perspektiven schaffen können, die in ein freies und selbst bestimmtes Leben führen.

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